Donnerstag, 31.01.2019

Von Gletschern und Seen

Nachtrag zum 28.01. (häuft sich, beim Hier-und-jetzt-leben geht ein bisschen der große Überblick verloren): Bei Hokitika besuchen wir gleich gegenüber des Campingplatzes eines abends gegen 23:00 Glühwürmchen. Hier sind es eigentlich keine 'Würmchen' bzw. Leuchtkäfer wie in  unseren Breiten, sondern Larven einer Fliege, die fluoreszierendes Licht produzieren, um Insekten anzulocken und sie in langen Fäden zu fangen. Jedenfalls sitzen sie nach einem kurzen Weg durch ein schmales Stück Rest-Regenwald in einer an den Rändern total zugewachsenen hohen Felsecke und leuchten zu Hunderten wunderschön um uns und einige andere Besucher mit Kindern herum. Einfach so, nicht weit von der Hauptstraße, im ansonsten kultivierten Land drumherum. Da bewegt uns bei allem Staunen schon die Frage: wie lange noch ...

Neu: Als wir in Hokitika am Tag der Weiterfahrt morgens aufstehen wollen, regnet es schon wieder. Schade, wollen wir doch heute noch zum 'Franz-Josef Gletscher' und da ist Regen wirklich doof. Aber inzwischen wissen wir ja, dass sich das in Neuseeland schnell ändern kann. Auch hatte meine Wetter-App - die ich recht häufig nutze - Wetterbesserung angekündigt. Also dehnen wir das Frühstück etwas aus, quatschen noch ein Stündchen mit den Duisburgern und ich erfreue mich ein letztes Mal an den vom Regen ganz pudelig aussehenden Alpakas.

Und - kaum sind wir auf der Straße klart es auch schon auf. Noch ein kurzer Blick an die Stelle mit den Glühwürmchen (nachts war es ja stockdunkel)

und dann sind wir wir auch schon "on the road". Der Weg führt uns durch schöne Landschaft zunächst etwas ins Landesinnere, dann an die Küste und schließlich an Seen vorbei

direkt zum Fuß des Gletschers. Hier ist es zwar sehr touristisch, aber ich bin sofort total fasziniert von dem Regenwald in Kombination mit den hohen Bergen/Gletschern (mir geht's da genau wie dir, Zina!). Unser Campingplatz liegt mittendrin. Und wir haben schönstes Wetter! (Nachts wird es hier übrigens oft ziemlich kalt, so dass wir wirklich froh sind eine richtig gute Bettdecke zu haben.)

Am Nachmittag noch relativ leer, wird der Platz bis zum Abend picke-packevoll, wir müssen sogar unser Auto umparken, damit alle Platz finden. Das stört uns aber nicht besonders, denn wir müssen sowieso früh raus am nächsten Morgen. Wir haben eine dreistündige Wanderung zum Gletscher mit einer jungen Botanikerin gebucht. Zunächst einmal heißt es im leider etwas trüben Wetter jedoch warten, denn zwei Frauen einer indischen Familie, die mit uns gehen, haben nicht das passende Schuhwerk dabei. Eine von ihnen möchte partout nicht die vom Veranstalter angebotenen festen Schuhe anziehen. Kurzerhand läuft sie zurück in ihr Hotel und holt sich ihre Turnschuhe ...

In der Zwischenzeit lernen wir die Familie schon mal ein bisschen näher kennen. Sie kommen aus dem Osten Indiens, Vater, Mutter und zwei erwachsene Töchter und ein Schwiegersohn. Eine von ihnen schreibt gerade an ihrer Doktorarbeit an einer Hochschule in Auckland, der Rest der Familie ist zu Besuch. 3 Wochen haben sie für beide Inseln. Sie reisen mit dem Zug und manchmal mit dem Bus. Puh - ganz schön anstrengend, finden wir!
Nun geht es endlich los, zunächst mit dem Kleinbus ins nahegelegene Tal (wo das Wetter plötzlich viel besser ist) und dann per pedes hinauf zum Gletscher. Lisa, unsere 'Guide', führt uns auch zu Stellen, die "normale"" Touristen nicht sehen, z. B. in den nahegelegenen Regenwald und erläutert uns vieles Interessantes zu den Pflanzen dieses Waldes.

Auch unsere allgemeinen Fragen zum neuseeländischen Landschaftsbild beantwortet Lisa unermüdlich. So erfahren wir zum Beispiel, dass schon die Ureinwohner Neuseelands, die Maoris, ab etwa dem 12. Jahrhundert Brandrodung betrieben haben. Das wurde nach Ankunft der europäischen Siedler im 19. Jahrhundert stark ausgeweitet, um Farmland zu gewinnen. Ursprünglich war Neuseeland zu 80% von Regenwald bedeckt, geblieben sind davon  nur 10%. Mittlerweile sind dank engagierter Naturschutzmaßnahmen wieder 20% erreicht. Daher also die oftmals kahlen Berge. Wie uns schon Keagan von der Paddeltour im Abel-Tasman erläutert hatte, wurde der wilde und wenig nutzbare Wald auch abgeholzt, um tatsächlich Baumarten aus fernen Ländern zur profitablen Holzgewinnung anzupflanzen. Vor allem für die europäische Kiefer ist das Klima hier anscheinend so ideal, dass sie sich massiv selbst verbreitet hat und den einheimischen Pflanzen überall durch schnelles Wachstum und 'Lichtklau' keine Chance mehr lässt. In den Nationalparks werden diese invasiven Baumarten seit einiger Zeit mit Giftspritzen abgetötet, daher mancherorts die Baumgerippe im ansonsten grünen Wald. Andererseits gibt es immer noch riesige Schonungen mit Neuanpflanzungen von Kiefern/Fichten, Widersprüche in diesem Land. Auch nicht heimische Tiere richten großen Schaden an. Ratten, Hermeline, Wiesel, Frettchen wurden eingeführt und bedrohen die besondere Vogelwelt Neuseelands (Nationalvogel: Kiwi). Diese konnte sich in Millionen von Jahren aufgrund der isolierten Lage hier so vielfältig und einmalig entwickeln, es gab für sie keine Raubtiere. Besonders die Laufvögel und Bodenbrüter werden von den Eierräubern nun bedroht. Aber auch hier ist der Naturschutz aktiv und hat überall im Land Tausende von Fallen aufgestellt.

Auf unserem weiteren Weg geht es vorbei an etlichen Wasserfällen

und immer wieder schöne Blicke auf Gletscher und Regenwald

Hier die indische Familie

Natürlich erzählt Lisa uns auch einiges zur Entwicklung des Gletschers, der immer schon Wachstums- und Schrumpfungsphasen hatte. Wie an anderen Stellen der Erde auch, ist allerdings  das Volumen der Gletscherzunge mittlerweile kontinuierlich rückläufig. So deutlich zu sehen, wie weit dieser Gletscher seit Ende der 90er Jahre zurückgegangen ist, ist schon erschreckend.

Am Ende unserer Wanderung läuft Lisa zum Gletscherfluss hinunter und holt zwei dicke Eisklumpen.

Sie erklärt uns, dass der eine, glasklare, aus dem Inneren des Gletschers stammt, starkem Druck ausgesetzt war und deshalb sämtliche Lufteinschlüsse verschwunden sind. Der andere, undurchsichtige, vom Rand des Gletschers kommt, sich an der relativ "weichen" Oberfläche befand und viele Luftbläschen enthält. 


Mit einer Stunde Verspätung (?) beenden wir unsere Tour.
Wir entschließen uns heute noch weiter zu fahren, unsere Zeit auf der Südinsel ist einfach zu begrenzt. Damit sind wir mal auf einer Linie mit den meisten Wohnmobilreisenden ...
Unser nächstes Ziel ist allerdings nur knapp 50 km entfernt. Wir fahren z. T. ūber Schotterstraßen erst zum Gillespies Beach und freuen uns über das Meer dort, mit wieder schönem Gletscher-Blick.

 

Es ist zwar leider bewölkt und es gibt dort mal wieder viele Sandmücken (die berühmt-berüchtigten "sandflies"), aber so haben wir wenigstens unser Spray  (Nobite) nicht umsonst auf die Reise mitgeschleppt. Und es scheint auch gut zu wirken!

Nun wollen wir noch zu einem See (Lake Matheson), der bekannt dafür ist, dass sich bei schönem und windstillem Wetter die umherliegenden Berge in ihm spiegeln. Aber als wir dort gegen 18:00 Uhr ankommen, bin ich erstens zu hungrig und zweitens ist es sehr bewölkt.
Am nächsten Morgen ist es zwar recht sonnig, aber leider zu windig, so dass die Spiegelung nicht zu sehen ist. Es ist trotzdem ein schöner 90-minutiger Spaziergang! Mindestens ebenso schön ist allerdings die anschließende Einkehr in dem modernen Café mit Blick auf die Berge. Und wir entdecken dort eine Postkarte mit dem berühmten Blick, den wir euch nicht vorenthalten wollen. (Bei der WhatsApp an dich, Zina, hat Peter ein bisschen geschummelt und das mit der Postkarte nicht verraten ...)

 

Hier die für den neuseeländischen Regenwald typischen Moose, diese gibt es im tropischen Regenwald so nicht

Auch an den Bäumen wachsen Moose

 

Der Blick hier erinnert uns übrigens stark an das Alpenvorland. Wir freuen uns, auch irgendwann dort mal wieder (weniger aufwendig) hinfahren zu können

Auf dem Weg nach Wanaka, unserem nächsten Ziel,  halten wir an verschiedenen Stellen, so z. B. am Fox-Gletscher und anderen Aussichtspunkten.