Dienstag, 26.02.2019

TONGARIRO-ALPINE-CROSSING

Wir freuen uns wie Bolle auf die so spektakulär beschriebene Tongariro-Alpine-Crossing-Wandertour mit drei aktiven Vulkanen. Der Namensgeber Tongariro ist einer davon. Der starke Wind hat nachgelassen und die Sonne lacht vom Himmel! Beste Bedingungen also für den Trek inmitten Neuseelands allererstem Nationalpark (1887), wir haben ja auch lange genug gewartet. Morgens fahren wir um 8 Uhr zum Abfahrtsplatz des Shuttlebuses, den wir telefonisch gebucht haben. Die zahlreich an der Hauptstraße parkenden Autos lassen erahnen, wie voll es tatsächlich auf der Tour heute sein wird, aber wir lassen uns in unserer guten Laune davon nicht beeinträchtigen und überreden den Parkplatzeinweiser erstmal, direkt am Endpunkt des langen Wanderweges parken zu dürfen (das erspart uns nämlich noch weitere 2 km auf staubiger Straße). So hatte ich es auch mit dem Shuttlebusbetreiber am Telefon ausgemacht (Manchmal macht es sich eben doch bezahlt, dass meine Englischkenntnisse nicht die schlechtesten sind). Nur sehr wenige PKWs parken hier: kein Wunder, gibt es doch eigentlich eine Parkbegrenzung von vier Stunden.

Wir dürfen ganz vorne im Shuttlebus einsteigen. Der Fahrer, ein auf sein Land spürbar stolzer Maori, der mit seinen 63 Jahren bereits ebenso stolzer Urgroßvater ist, bringt uns zum Ausgangspunkt der Tour und erzählt uns während der Fahrt von seinem UrUrUrgroßvater, der hier einst als 'Chief' (= Häuptling) fungierte.

Wir erfahren, dass es in diesem Gebiet, welches heute ein Nationalpark ist, viele für Maoris heilige Stätten und Berggipfel gibt. Deswegen ist es von der UNESCO sowohl als Weltnatur- als auch Weltkulturerbe anerkannt.
Als wir ankommen, trifft uns beinahe der Schlag: Lange Warteschlangen vor den Toiletten, etliche Busse, auch größere, kommen (immer noch!) an

und Trauben von Menschen, u. a. auch ganze Schulklassen, die sich alle auf denselben Weg machen. Ich frage einen Ranger, ob es Sinn macht noch ein wenig zu warten, aber er meint, dass sich die Massen auf dem Weg gut verteilen würden. Ich nutze die Gelegenheit und erkundige mich auch, ob die hier zahlreich wachsenden Heidegewächse und Pampasgräser einheimische Pflanzen sind.

Erstere, die übrigens den in unserer Lüneburger Heide wachsenden Gewächsen sehr ähnlich sind, wurden aus Schottland als Nahrungsquelle für die ins Land gebrachten Fasane und Moorhühner eingeführt (falls Ihr euch fragt warum: zur Jagd, darauf wollten die vielen eingewanderten Briten nämlich nicht verzichten). Über das Pampasgras erfahre ich, dass es verschiedene Arten gibt, ein neuseeländisches und das eingeführte südamerikanische, welches wir auch aus unseren Gärten kennen. Das Letztere wächst hier jedoch invasiv, d. h. es nimmt anderen einheimischen Pflanzen den Platz weg und genau so ist es auch mit dem Heidekraut.

 

Zum Schutz der einheimischen Pflanzen rupft Peter Heidekraut aus ...😉

So schön wie es (auch hier) aussieht, es gehört hier nicht hin. Alle Versuche es zu dezimieren, sind bisher gescheitert, die Nationalparkverantwortlichen hoffen, dass ein an zwei Stellen im Park ausgesetzter (schottischer) Käfer dies irgendwann schafft. Das Pampasgras welches hier im Park wächst, ist angeblich ein Hybrid, also zusammengesetzt aus den beiden beschriebenen Arten. Das gibt es also auch noch. 

Wir warten noch ein wenig und machen uns dann auf den Weg (es ist mittlerweile nach 10 Uhr).

Tolle Vukanlandschaft, zunächst noch bewachsen, dann - je höher wir kommen - immer karger. Der Weg lässt sich gut laufen, auch weil er zunächst über einen schönen Boardwalk führt. Ein kleiner Umweg führt zu den kleinen Soda Springs.



Die Wanderer verteilen sich übrigens tatsächlich ganz gut, wir merken nicht, dass hier Tausende unterwegs sind. Das liegt auch daran, dass die meisten nur in eine Richtung laufen.
Bald kommt die berüchtigte Steigung "Devils's Staircase" (= Teufelstreppe). Ich finde sie aber überhaupt nicht anstrengend, es ist halt eine etwas längere steilere Stelle, die aber gut zu schaffen ist. (Anm. Peter: wie war das mit der kleinen 'Bergziege'?  ...)

 o 

Zwischendurch immer wieder schöne Blicke auf den heiligen Vulkan Ngauruho, der deshalb auch nicht bestiegen werden sollte. Bei der anschließenden Rast (für die vielen Menschen sind tatsächlich in dieser Einöde Toilettenhäuschen installiert)

treffen wir 2 gutgelaunte junge kanadische Männer, die gerade eben diesen Vulkan (auch noch) bestiegen haben. Sie kommen aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus, der Weg sei zwar etwas beschwerlich, weil er nur über Geröll führt, aber die Aussicht .... Wir glauben es ihnen gerne und freuen uns mit ihnen, eine kritische Bemerkung zur Bedeutung des Vulkans für die Maoris kann ich mir allerdings nicht verkneifen.

Solche Pflanzen finden sich in dieser unwirtlichen Gegend

Von hier können wir auch schon erkennen, wie der Weg weitergeht. Nach Durchquerung einer großen Ebene

geht es weiter hoch Richtung 'Red Crater', wir entdecken Menschen als kleine Punkte auf dem Kammweg.

Um dorthin zu gelangen, müssen wir eine etwas kritische Stelle überwinden, es ist eng und bröckelig und wir müssen uns an Haltegriffen festhalten, aber auch das bewältigen wir gut.

Auf dem Kammweg angekommen, sehen wir immer mehr vom 'Red Crater' und ... sind beindruckt! Die Aktivitäten des erloschenen Vulkans beschränken sich allerdings auf Dämpfe und Gase, die in der Umgebung an vielen Stellen aus Erdspalten aufsteigen. Die Gefahr eines Ausbruchs besteht "nur" bei den drei aktiven Hauptvulkanen. Zur Zeit nach menschlichem Ermessen allerdings nicht, sonst wären wir sicherlich alle nicht hier.

Der Aufstieg führt uns letztendlich auf fast 1900 Meter.

Wir sind im 'Herr der Ringe-Land'. Hier wurden tatsächlich einige Teile der Filme gedreht und Peter meint dies auch zu erkennen (ich habe die Filme nie gesehen). Was für eine sensationelle Aussicht! Vor uns die grünen "Emerald Lakes", weiter im Hintergrund der blaue See. Allerdings auch sehr windig, wir möchten uns nicht vorstellen, wie es hier an vielen anderen Tagen aussieht, nämlich kalt und stürmisch. Vermutlich können unsere Fotos/Videos nicht das zeigen, was wir gesehen haben, wir wollen sie euch aber trotzdem nicht vorenthalten!

Dann kommt der vielleicht schwierigste Teil der Wanderung, es geht über Vulkangeröll ziemlich steil hinunter zu den "Emerald Lakes". Peter hat seine eigene Art dort herunterzukommen. Ich gehe es lieber etwas langsamer an. Erneut einzigartige Ausblicke, findet Ihr nicht auch?

Wir laufen begeistert um die Seen herum und trotzen dem Schwefelgeruch, der hier in der Luft liegt (soll wie "faule Eier" riechen, ich persönlich habe allerdings noch nie in meinem Leben 'faule Eier' gerochen). Peter ist total fasziniert von den Dämpfen, die hier überall aufsteigen. Anm. Peter: ich probiere auch mal, wie heiß das Wasser der grünen Seen inmitten all der Dämpfe ist - kalt ...

Anm. Peter: Durch die Dämpfe ist im Hintergrund der 3. Vulkan des Tongariro-Nationalparks zu sehen, der schneebedeckte, 2794 m hohe Ruapehu 

Zwischendurch hören wir immer wieder einen Hubschrauber: Jeden Tag gibt es hier etliche Wanderer, die sich verletzen oder überschätzen und deshalb an dieser Stelle abgeholt werden.

Nun müssen wir aber weiter von den grünen Seen zu dem blauen See (siehe Foto bzw. Video oben). Der Wegweiser sagt uns, dass wir noch mehr als die Hälfte des Weges vor uns haben.

Ganz entgegen unseren Erwartungen (wir hatten anderes gelesen) bleibt der Track schön,

Blick zurück auf den Abstieg vom 'Red Crater', Wahnsinn, oder?

Wir genießen jeden Meter und obwohl sich das letzte Stück etwas hinzieht, schaffen wir die restlichen 10 Kilometer auch noch relativ problemlos.

Ich habe zwar Schmerzen von meinen Kniebandagen, weil sich diese zu sehr eingeschnitten haben, aber ich wollte mein 2017 operiertes Knie nicht zu sehr fordern. Wie sich am nächsten Tag herausstellt - hätte ich diese wohl doch eher ausziehen müssen, zumal die Wanderung von den Höhenmetern her auch gar nicht so anstrengend war.

Die dies verursachenden Kniebandagen sind wohl mittlerweile ein bisschen eng, sie sind ja auch "nur" ca. 25 Jahre alt!

Anm. Peter: Der zweite Teil der Wanderung ist auch deswegen kurzweilig, weil wir immer wieder einige Wanderer treffen, mit denen wir die Faszination für diese unglaubliche Landschaft an manchen Stellen geteilt haben. So entwickelt sich dann u. a. ein Gespräch mit einer Spanierin, die mit ihrer Mutter unterwegs ist und mit der eine merkwürdige Sprache spricht. Es ist katalanisch und sie ist eine glühende Verfechterin der dortigen Unabhängigkeitsbestrebungen, die ja auch in Deutschland viel Aufmerksamkeit erlangt haben. Da der Weg schmal ist und nur für zwei reicht, kann ich mal ganz auf mich gestellt auf Englisch mit ihr diskutieren. Mir fällt auf, dass sie die übrigen Spanier ziemlich pauschal für rechtsgerichtete Franco-Anhänger hält, die das besondere Leid, das den Katalanen während der Diktatur zugefügt wurde, nicht anerkennen. Und die ihnen ihre Sprache, kulturelle Eigenarten etc. nicht zugestehen. Ich teile ihr meine Hoffnung mit, dass den Katalanen in ernsthaften Verhandlungen besondere Rechte eingeräumt werden und sie dann Teil Spaniens bleiben können. Gespräche dieser Art tragen dazu bei, dass wir ohne es richtig zu merken, bald schon unser Auto am Ende des Wanderweges erreichen.

Nach der Tour überredet Peter mich noch dazu, die im letzten Blogeintrag erwähnten Hot Pools zu besuchen. Wir buchen einen kleinen Privatpool, in dem sehr heißes Wasser ist. Wir dürfen uns darin 30 Minuten aufhalten. Es ist zwar alles ein bisschen spartanisch dort, das Bad tut unseren Knochen aber nach dem Walk seeeehr gut!

Dies ist der größere, öffentliche Pool der Anlage.

FAZIT: 
Der Tongariro-Alpine Crossing Track ist eine der schönsten Wanderungen, die ich in meinem bisherigen Leben gemacht habe (und ich habe schon sehr viele schöne Wanderungen gemacht!). Allerdings war für mich das super-schöne Wetter dabei ein wichtiger Faktor, denn nur so kann meiner Meinung nach der Weg seinen ganzen Zauber entfalten.