Dienstag, 23.10.2018

Gelis kleine GESCHICHTEN (Fortsetzung)

Nun sind wir schon über zwei Monate in Indonesien und immer noch haben wir nicht das Gefühl, dass uns die Zeit zu lang wird. Klar, es gab zwischendurch einige Unannehmlichkeiten wie schmutzige Toiletten,

Hier ein typisches, recht sauberes "Mandi", wie ein indonesisches Badezimmer genannt wird (die herzförmige Kelle wird sowohl zum Toilettenspülen als auch zum Duschen benutzt. In dem Becken links befindet  sich das In Wasser).  In den meisten Unterkünften gibt es aber inzwischen eine einfache Dusche.

komische Gerüche oder das ewig gleiche Frühstück aus Pfannkuchen und/oder Rühreiern. Aber wenn wir ehrlich sind, variieren wir zu Hause ja auch nicht dauernd unser Essen am Morgen. 

Wir haben viel über das Land gelernt, z. B. dass der aktuelle Präsident versucht mithilfe von Kampagnen für eine Zwei-Kind-Familie zu werben.

 

Dass dies eine große Umstellung für die Menschen bedeutet, wird einem schnell klar, wenn man die vielen kinderreichen Familien sieht. Die (Groß-)familie bietet den Menschen Geborgenheit und Sicherheit. Wer gegen ihre traditionellen Regeln verstößt, schließt sich selbst aus der Gemeinschaft aus und verliert damit jede soziale Absicherung. Das räumlich enge Zusammenleben bietet - ein bisschen wie bei uns vor nicht einmal 70 Jahren - keinen bzw. wenig Platz für individuelle Bedürfnisse. Wie in den meisten bevölkerungsreichen Staaten der Welt, werden Kinder als Alterssicherung gesehen.

Kinder sind ein Segen!  Die gesamte Familie besitzt häufig nur 1 Motorroller, der dann auch für den Transport der Kinder von/zur Schule genutzt wird.

Von Fany haben wir außerdem erfahren, welche Bräuche in Bezug auf das Heiraten auf Flores (und wohl auch in den meisten anderen Teilen Indonesiens) vorherrschen. Wollen 2 Menschen heiraten, muss der Mann für die (Familie der) Frau eine Mitgift in Form von Geld, Kühen und Hühnern bezahlen. Wie hoch diese Mitgift ausfällt, hängt - so Fany - von ihrem Bildungsstand, dem Ansehen ihrer Familie, ihrer Attraktivität und ihrer Ausstrahlung ab. So kann es z. B. passieren, dass eine Frau, die alle diese "Qualitäten" voll erfüllt, keinen Ehemann findet, der bereit bzw. in der Lage ist, einen so hohen Preis zu zahlen. So geschehen mit einer mittlerweile über 40 jährigen Frau in Fanys Nachbarschaft.
Die Summe wird übrigens zwischen den Elten der beiden Brautleute und unabhängigen Vermittlern hart verhandelt. Jedoch - so Fany - gibt es eine Möglichkeit den Preis für die Braut etwas zu senken und zwar mithilfe des so genannten, auch von ihm und seiner Frau vor 9 Jahren praktizierten, "short  way". Dies bedeutet, die Frau vorher zu "schwängern" (ich mag diesen Ausdruck nicht!). Dadurch kann die Mitgift deutlich reduziert werden. Dass dies für die Frau bzw. deren Familien i. d. R. auch Gesichtsverlust bedeutet, liegt auf der Hand.
Frauen, die ungewollt schwanger werden und anschließend den Mann nicht heiraten, werden von ihren Familien aber immerhin nicht verstoßen, sie bleiben bei der Familie, werden aber in der Regel nie heiraten. Auf meine Frage, wie viele homosexuelle Menschen Fany kennen würde, winkt er ab. Lesbische Frauen gäbe es gar nicht und die paar schwulen Manner, von denen er gehört hat, würden dies nicht offen ausleben ... . Bis vor einigen Jahren wurde Homosexualität in Indonesien, anders als in vielen anderen muslimischen Ländern, relativ toleriert. So z. B. traten einige schwule und transsexuelle Prominente öffentlich in Erscheinung. Seit ca. 2 Jahren, so habe ich es in Artikeln der Zeitschrift 'Die Zeit' und 'TAZ' gelesen, gibt es eine neue Homophobie im Land. Das Parlament möchte Homosexualität als Straftat verankern. Dies führt dazu, dass z. B. schwule Männer aus Java von ihren Eltern auf die (einzige hinduistische) Insel Bali geschickt werden - sofern das Geld dafür da ist.

Außerdem lernen wir von Fany, dass der Glaube an magische Kräfte auf Flores sehr lebendig ist. Die Leute in Labuan Bajo beispielsweise bezahlen einen "Regenmacher", wenn die Felder dringend Regen benötigen, aber auch um einem unbeliebten Dorfbewohner eine große Feier zu "vermiesen". Ebenso spielen 'Heiler' im sozialen Leben eine wichtige Rolle'. Man ruft sie zu sich um Krankheiten zu heilen oder böse Geister zu vertreiben. Auch auf den Inseln Bali und Java bestimmt der Glaube an Götter und Dämonen das Leben.

So glauben die Bauern, dass Reis ein Geschenk der Götter ist und er eine Seele hat. Deshalb verstecken die Frauen das Messer beim Schneiden der Reisrispen in ihrer hohlen Hand. So verhindern sie, dass der Reis das Messer sieht und sich möglicherweise erschrickt. Dies könnte nämlich die Reisgöttin verärgern und womöglich die halbe Ernte gefährden.

Auf Bali werden mehrmals am Tag die Götter und Dämonen gütig gestimmt, indem die Frauen Opferkörbchen mit Früchten und Blumen vor den Häusern, an Straßenkreuzungen

und natürlich in den zahlreichen hauseigenen Tempeln ablegen.

Unsere Vermieterin Wayan beim Opferkörbchenflechten direkt vor unserem Zimmer

Da menschliches Blut als unrein gilt, dürfen menstruierende Frauen dies übrigens  nicht machen und auch Tempelbesuche sind ihnen dann nicht erlaubt.

Dachte ich, dass die Anzahl der Gotteshäuser auf Java und Sumatra (hier: Moscheen) schon unglaublich hoch ist (in jedem kleinen Dorf!), wurde ich auf Bali eines Besseren belehrt. Hier gibt es neben den großen Tempeln in den einzelnen Stadtteilen, in manchen Straßen in jedem (wohlhabenden) Haus eine solche Gebetsstätte! 

Die hauseigene Tempelanlage unserer  Vermieter

Schuhe müssen übrigens nicht nur vor Tempeln, sondern auch vor allen anderen Gebäuden ausgezogen werden. Tut man dies nicht, zeugt dies von Respektlosigkeit gegenüber dem Gastgeber/der Gastgeberin.

Zum Schluss noch ein Bild einer meiner Lieblingsfrüchte, gesehen auf Flores: 

Erkennt Ihr, um was es sich handelt?