Samstag, 03.11.2018

Australien, wir kommen!

Bis 1:30 nachts dauert es, dann hebt der Flieger ab. Wir sind schon eine ganze Weile müde, jetzt noch mehr. Eng an eng in den Sitzen, ein bisschen die Lehne zurück, bringt nicht viel.
Schlafversuche im Sitzen, Geli macht sich klein, stabile Seitenlage, mal so, mal so. Ergebnis nach knapp 5 Std Flug: ich ein wenig, Geli gar nicht geschlafen. So fängt Australien schläfrig an, kann aber nichts dafür (es gab keinen anderen Flug). Es ist hier bereits 8:00, um 9:00 können wir just-in-time glücklicherweise unser airbnb-Zimmer beziehen. Dort ist es schön, sauber, modern, großzügig.

Die Vermieterin und ihr Partner sind gerade in ihrem Heimatland Italien. Patrick, ein weiterer Mitbewohner aus Taiwan, empfängt uns sehr freundlich. Er arbeitet als Koch in der Pizzeria ihres Partners und ist, außer zum Schlafen, nur selten zuhaus. So haben wir die Wohnung fast für uns, können kochen und zum Essen auf dem großen Balkon sitzen.
Der erste Tag wird wg Schlafdefizit nur vertrödelt, ein bisschen einkaufen um die Ecke. Heute gibt es endlich mal wieder selbst gekochtes Essen: Kartoffeln mit Fisch und reichlich Salat mit Joghurtsoße, eins von Gelis Traditionsgerichten. Noch etwas Schönes in der Wohnung: wir werden gleich am ersten Tag auf unserem Balkon von einem der bekanntesten Vögel Australiens begrüßt: einem Kookaburra. Sein Markenzeichen, ein lautes, ein bisschen an ein menschliches Lachen erinnerndes, manchmal fast hysterisches Lachen, lässt er aber nicht vernehmen.

Draußen bekommen wir einen kleinen Kulturschock, hier ist alles sehr ordentlich, es wirkt im Vergleich fast ausgestorben, seelenlos und steril, erinnert mich mit den breiten Straßen, großen Autos und abgesperrten Wohnanlagen an die USA. Zu dieser anderen Stimmung/Atmosphäre in dem Land müssen wir erst noch einen Zugang finden. Ihr merkt schon, unsere Begeisterung für Australien hält sich noch in Grenzen ...

2. Tag: mit dem Bus von um die Ecke in's Zentrum - Fahrräder mieten. Fahrradhelme sind hier übrigens Pflicht (Anm. Geli: Martin, vielleicht gewöhne ich mich ja hier endlich mal daran). Besuch einer Einkaufsmall mit günstigem Coles Supermarkt (so teuer ist Australien dort gar nicht). Wir möchten uns gern mal eine Flasche Wein gönnen, den gab es in Indonesien nur zu horrenden Preisen an wenigen Stellen. Alkohol bei Coles (oder in anderen australischen Supermärkten): Fehlanzeige, darf es hier nicht geben. Verweis auf spezielle Läden,  z. B . "Liquorland", zum Glück gleich nebenan, Preisniveau akzeptabel.

 

Mit den Rädern fahren wir nun zur Küste, zur Uferpromenade und am Hafen entlang. Langsam finden wir auch schöne Ecken, baden in der Lagune, einem öffentlichen Schwimmbad direkt am Meer mit kleinem "Sandstrand".

Davor das echte Meer, hier trübe, es ist ein Wattenmeer (gibt es also nicht nur an der Nordsee). Die Fahrräder haben keine Beleuchtung, wir besorgen Aufstecklichter und fahren im Dunkeln über die lange Uferpromenade zurück zur Wohnung. Zum Eingewöhnen haben wir nun eine Woche, dann bekommen wir, zufällig auch um die Ecke, wo wir vorher schon mal gucken, unseren Campervan.

Der ist größer als ursprünglich geplant (ca. 6 m2 und mit Hochdach), dennoch eine erhebliche Umstellung zu den bisherigen Unterkünften, so einfach sie auch waren. Uns ist ein bisschen mulmig bei der Vorstellung, auf unseren derzeitigen 80 m2.
Die folgenden Tage durchfahren wir per Rad u. a. einen Regenwald-Park in den botanischen Gärten, die sich ebenfalls um die Ecke befinden, was hat die Wohnung bloß für eine Super-Lage!

Die landschaftlich z. T. sehr schöne Fahrradtour zu einem Wasserfallgebiet im Regenwald gestaltet sich zwischendurch nervig. Zum 28. Mal springt die Kette ab, die Räder sind nicht so doll. Diesmal verklemmt sie sich so sehr zwischen Nabe und Kettenblättern, dass ich sie auch mit kurzzeitig von Anwohnern geliehenen Schraubenziehern nicht frei bekomme. Wir bitten andere Anwohner, die Fahrradvermietung anzurufen, Telefonnummer ist im Internet schnell gefunden. War der erste Anwohner bei der Bitte um Werkzeug mürrisch, sind die Leute jetzt sehr erstaunt und wirken fast entrüstet als wir klingeln. Schauen uns ungläubig an: 'was wollt ihr fremden Leute denn von uns???' Wir sind irritiert, vor allem nach den guten Erfahrungen in Indonesien. Was haben wir falsch gemacht? Irgendwie sind hier - vielleicht speziell in dieser wohlhabenden Gegend - wohl Türen erstmal sehr verschlossen und Gemüter auch. Geli meint, die Menschen hätten Angst vor Überfällen.

Jedenfalls helfen uns die Leute nach unseren Erklärungen dann doch, der Fahrradverleiher/Reparateur kündigt sein sofortiges Kommen am Telefon an. Der Schwiegervater des Anwohners hat sich derweil unsere Räder angeguckt, kann aber auch nichts richten. Also nach erster Fassungslosigkeit dann doch Freundlichkeit und Unterstützung in down under, wir bedanken uns erleichtert. 1,5 Std später erfolgreiche Reparatur und Fortsetzung unserer Tour. Die Anwohner fahren im Auto vorbei, hupen und grüßen nett. Am Wasserfall angekommen dann ein erfrischendes Bad.

Ein organisierter Ausflug in den tropischen Regenwald nach Kuranda, oberhalb von Cairns, ist sehr beeindruckend.

skyrail

 

scenic railway

Mich sprechen besonders die Erläuterungen zum hiesigen Regenwald an. Den gibt es bereits seit Gondwana-Zeiten, also einem von zwei früheren Superkontinenten auf der Erde, die sich vor ca. 250 Millionen Jahren gebildet haben. Und hier lebt ein Tier, das es seit 540 Millionen Jahren unverändert auf der Erde gibt! Das heißt, dieser Wald hat zwei der großen Massensterben-Ereignisse in der Erdgeschichte als einziger überlebt. Weder die ungeheuren, Jahrtausende dauernden Vulkanausbrüche in Sibirien noch der Kometeneinschlag in Mexiko, der für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich war, konnten ihm etwas anhaben. Ich gebe zu, das macht mich ehrfürchtig und ergriffen, als ich hier herumlaufe, Pflanzen, Tiere und Landschaft beobachte. Australien holt auf!

Anderes Thema: gesundheitliche Fragen auf langer Reise. Seit ca. 2 Monaten bemerke ich einen braunen Hautfleck an meiner Hüfte, der vorher nicht da war. Der Check beim Hautarzt vor der Reise hatte ergeben: alles okay, nur dass ich nicht ohne Hut in der Sonne unterwegs sein soll, die Glatze ist doch sehr empfindlich. Dort waren trotz des Hutes zwischendurch auch mal braune Flecken zu sehen. Anlass, hier einmal einen Hautarzt über beides gucken zu lassen. Wir bekommen schnell einen Termin, jemand hat abgesagt. Eine wohl chinesisch-stämmige junge Frau ruft mich beim Vornamen herein und stellt sich selbst als Tanja vor. Geli meint, sie sei die MFA und vergewissert sich deshalb nach der sorgfältigen Untersuchung: "So, you're the doctor?" Ja, so ist es und alles ist im grünen Bereich, gut! Für die 80 australischen Dollar gibt es noch eine Vereisung der braunen Stellen obendrauf, das verzögert weiteres (harmloses) Wachstum.

Für solche Fälle haben wir eine Auslandskrankenversicherung und eine spezielle Kreditkarte, mit der man direkt in der Praxis bezahlen kann. Dadurch findet keine Belastung der Reisekasse statt. Allerdings stellt sich jetzt heraus, dass davor nervenaufreibende Telefon- und Email-Aktivitäten mit Deutschland stattfinden müssen, die uns fast 2 Tage beschäftigen. Dazu kommen noch andere Kreditkarten- und Kontozugangsprobleme. Also unsere Aussage "wir haben hier fast nichts zu tun" hat sich in diesen Tagen relativiert, Formalitäten aller Art kosten einiges an Zeit und wir haben noch lange nicht alles aufgezählt. Aber Geld abheben, Rechnungen bezahlen, Kontozugang, alles klappt nun wieder.

Letzter Tag: Einkaufen für den Camper, fast wie zuhause. Haferflocken, Müsli, Rosinen, Milch, Körner-Toast und -Brötchen, Honig, Marmelade, Butter, Margarine zum Braten, für's Tiefkühlfach Gerichte für die Mikrowelle (alles im Camper enthalten!), Wurst, Käse, Tomaten, Äpfel, Birnen, Ananas, Nudeln, Pesto, Kartoffeln, Linsen, Würstchen, Senf, Olivenöl, Salz, Pfeffer, Wasser, Wein, Bier, Spülmittel, Schwamm, Wischtücher und TEE - wir bleiben nun für 52 Tage und über mehr als 3000 km in unserer eigenen kleinen Miniwohnung!

'Kleines' Problem noch: Man/Frau braucht hier zum Fahren den internationalen Führerschein UND den deutschen! Geli hat beides dabei und traut sich nicht sofort zu fahren. Ich habe nur den internationalen und darf nicht ... Die Mietagentur nimmt mich trotzdem, aber auf eigene Verantwortung ggü der Polizei, als Fahrer auf. Irgendwie muss mein Führerschein hierher. Erst nochmal alles durchsuchen, dann ggf. schicken lassen.